Tamara Stefanovich und Pierre-Laurent Aimard am 26. Juni 2025
„Tamara Stefanovich spielt, was Yvonne Loriod gespielt hat: einen technisch anspruchsvollen Part, voll mit Farben und Virtuosität“, sagt Pierre-Laurent Aimard über die beiden Klavierparts von Olivier Messiaens „Visions de l’Amen“. „Und ich spiele den Teil von Messiaen, dem Orgelspieler, der aber auch sehr gut Klavier gespielt hat. Er hat einfachere Akkorde gespielt, mehr die thematische Struktur, sagen wir. Und das habe ich ausgewählt, weil ich diesen Teil früher gespielt habe.“
Pierre-Laurent Aimard kennt Messiaens Musik seit seiner Kindheit. Bei der Pianistin Yvonne Loriod, zuerst Schülerin, später Ehefrau von Messiaen, hat Aimard studiert, mit Messiaen selbst hat er engen Kontakt gehabt. Die „Visions de l’Amen“ lernt er kennen, als er Loriod und Messiaen bei einer Aufführung umblättert, zwischen beiden Flügeln stehend.
Im Rahmen des diesjährigen Messiaen-Schwerpunkts, den Pierre-Laurent Aimard für das Klavier-Festival Ruhr entwickelt hat, führt er „Visions de l’Amen“ gemeinsam mit Tamara Stefanovich auf, ehemals seine Studentin, heutzutage eine international sehr erfolgreiche Pianistin mit einer Konzentration auf zeitgenössische Musik. Als Klavierduo sind die beiden seit vielen Jahren künstlerisch aktiv und seit über zwei Jahrzehnten auch solistisch dem Klavier-Festival Ruhr sowie dem Education-Programm eng verbunden. Pierre-Laurent Aimard, der 2017 als „Schlüsselfigur im Musikleben unserer Zeit“ mit dem „Ernst von Siemens Musikpreis“, der als Nobelpreis der Musik gilt, ausgezeichnet worden ist, hat wie auch Tamara Stefanovich mit zahlreichen Komponisten persönlich intensiv zusammengearbeitet: darunter György Kurtág, Pierre Boulez und allen voran Olivier Messiaen.
Bei „Visions de l’Amen“ („Visionen des Amens“), die der tiefreligiöse Messiaen 1943 im vom Nazi-Deutschland besetzten Paris komponiert, kommen, wie Pierre-Laurent Aimard erklärt, ganz vielfältige Dimensionen von dessen Persönlichkeit zum Ausdruck: „Die religiöse, die wie immer sehr präzise erklärt wird von Messiaen, die kosmische, würde ich sagen, und die persönliche, also die biografische, die Macht der unmöglichen Liebe von Messiaen und Yvonne.“ Denn Messiaen ist verheiratet, als er die junge Pianistin Yvonne Loriod kennenlernt. Seine Frau ist schwerkrank und erst nach deren Tod heiratet er Loriod 1961.
Im Vorwort zu „Visions de l’Amen“ erklärt Messiaen: „Das Amen offenbart vier verschiedene Bedeutungen: Amen – es sei! Der Schöpfungsakt. Amen – ich unterwerfe mich, ich akzeptiere. Dein Wille geschehe! Amen, der Wunsch, die Sehnsucht nach Vereinigung. Amen, es ist, alles ist für immer fixiert, vollendet im Paradies. Ich habe versucht, diese so verschiedenen Reichtümer des Amens in sieben musikalischen Visionen auszudrücken – und damit zusammenhängend das Leben der Kreaturen, die allein durch das Schicksal ihrer Existenz schon ‚Amen‘ sagen.“ Vom Eröffnungsstück, dem „Amen der Schöpfung“, das ganz leise beginnt und mit einem großen Crescendo Licht werden lässt, über das „Amen des Todeskampfes Jesu“, in dem Messiaen das Leiden Jesu durch klagende Gesten schildert und das „Amen der Sehnsucht“, das von Zärtlichkeit und Ekstase geprägt ist, was Messiaen aber rein spirituell verstanden wissen wollte, bis hin zu den Vogelstimmen als Ausdruck des Kosmos im „Amen der Engel, der Heiligen, des Vogelgesanges“ und schließlich den Glockenklängen im „Amen der Vollendung“.
Am 10. Mai 1943 spielen Messiaen und die neunzehnjährige Yvonne Loriod die Uraufführung von „Visions de l’Amen“ in Paris. Im Publikum ist unter vielen anderen Prominenten auch der Komponist Arthur Honegger. Er schreibt in einer Rezension: „In diesem Werk wurde eine Vielfalt von Orchesterfarben beschworen, ohne die Beschränkung auf das Schwarz und Weiß von zwei Klavieren aufzugeben.“
Vielfältige Klangfarben, die Pierre-Laurent Aimard folgendermaßen beschreibt: „Das ist wie ein Glockenklang. Das heißt, ein sehr reicher Klang mit sehr vielen Komponenten, sehr vielen Obertönen,einem klaren Anschlag und einer sehr reichen, fast universalen Welt in der Resonanz.“
Und diesen „Glockenklang“ von Messiaen haben Aimard und Stefanovich mit anderen „Glockenwerken“ von Maurice Ravel, George Enescu und Oliver Knussen kombiniert. Ravels „Entre cloches“ („Zwischen Glocken“) aus den „Sites auriculaires“ ist ein frühes Werk aus dem Jahr 1897. „Es ist ein prophetisches Stück mit rohen und wilden Glocken, die sich als Schichten kombinieren“, erklärt Aimard. „So ein Stück zu schreiben, in solch frühen Jahren, erscheint wie ein Blick in die Zukunft.“ Vielleicht auch deshalb gerät die Uraufführung 1898 zu einem Misserfolg, obwohl auch das Manuskript, aus dem das Klavierduo damals spielt, ziemlich unleserlich gewesen sein soll und vielleicht seinen Teil zum Debakel beiträgt.
Auch der rumänische Komponist George Enescu arbeitet 1916 bei seinem „Carillon nocturne”, seinem „Nächtlichen Glockenspiel“, mit sehr besonderen Klangeffekten, wie Aimard erläutert: „Es ist jemand, der schon früh artifizielle Obertöne benutzt, wie man das mit Streichinstrumenten macht, weniger am Klavier. Aber das macht er, um neue Klänge zu fördern und um Glockenklänge, originale Glockenklänge zu destillieren, mehr als zu imitieren, glaube ich.“
Der Brite Oliver Knussen wiederum schreibt 1997 mit seinem „Prayer Bell Sketch“, seiner „Gebetsglockenskizze“ eine Hommage an den japanischen Komponisten Tōru Takemitsu nach dessen Tod, bei dem es – so Aimard – um eine „extreme Feinheit des Zuhörens“ gehe.
Laut dagegen wird es, wenn das Klavierduo Aimard und Stefanovich an den zwei Flügeln die Klaviermaschine in Gang bringt, die „Keyboard Engine“, die Harrison Birtwistle für die beiden geschrieben hat und die sie 2018 uraufgeführt haben. „Ein gefährliches Stück mit quasi zwei Robotern am Instrument“, sagt Pierre-Laurent Aimard. „Das ist ein Stück von einem Menschen mit viel Humor, der sich die richtigen Fragen zu stellen scheint: Die in Beziehung stehen mit der künstlichen Intelligenz heutzutage. Also: wie weit kann man gehen, bei so einem Stück mit zwei ‚Robotern‘an den Flügeln?“ Und die Finger der „Pianisten Roboter“ geraten bei Birtwistles „Keyboard Engine“ zwischendurch immer wieder ins Stocken, besonders dann, sagt Tamara Stefanovich, wenn man es gar nicht erwartet. Eine humorvolle „Keyboard Engine“ in der Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg Nord, umgeben von den ehemaligen Maschinen dort, erwartet Sie beim Klavierabend mit Tamara Stefanovich und Pierre-Laurent Aimard und Glockenklänge von Ravel bis hin zum krönenden Abschluss bei Messiaens „Visions de l’Amen“.
Susanne Herzog
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