Die musikalische Welt des Jahres 1923 ist ein Kosmos von beeindruckender Vielschichtigkeit: In New York tanzt man Charleston, in Wien vollendet Arnold Schönberg seine ersten zwölftönigen Klavierstücke, in Paris schockiert Igor Strawinsky die Avantgarde mit seiner klassizistischen Wende und arbeitet an einem Konzert für Klavier und Blasorchester, in Budapest setzt Béla Bartók mit seiner Tanz-Suite ein musikalisches Zeichen gegen den Nationalismus, in der krisengeschüttelten Weimarer Republik steigt der Konzertkartenpreis im Jahresverlauf auf sagenhafte 200 Milliarden Mark, auf dem stetig wachsenden Schallplattenmarkt debütieren die Cembalistin Wanda Landowska, die Jazz-Pianistin Lillian Hardin und ihr späterer Mann Louis Armstrong, in deutschen Kinos feiert man Charlie Chaplins Sozialdrama The Kid, zu dem Stummfilmpianisten den Soundtrack liefern, und in Berlin wird mit der Ausstrahlung der ersten Funkstunde das Zeitalter des öffentlichen Rundfunks eingeläutet.
Für die Deutschen ist 1923 zugleich ein Jahr extremer Verunsicherung, großer politischer und ökonomischer Instabilität und tiefgreifender Krisen. Anfang Januar besetzen französische und belgische Truppen das Ruhrgebiet, um ausstehende deutsche Reparationsleistungen einzutreiben, die im Rahmen des Versailler Vertrags vereinbart worden waren. In den folgenden Monaten laufen die Notenpressen heiß, um den passiven Widerstand gegen die Besatzungsmächte zu finanzieren.
Die besorgniserregende Geldentwertung der Nachkriegsjahre wird zur Hyperinflation, für Lebensmittel zahlt man bereits im Sommer astronomische Preise, die gesellschaftliche Ordnung wird erschüttert und es kommt zu einer politischen Radikalisierung, die Anfang November im gescheiterten Hitler-Putsch mündet.
Unser diesjähriger Themenschwerpunkt 1923: Musik im Zeitalter der Extreme nimmt Sie mit auf eine Zeitreise in dieses besondere Jahr. Vier eigens konzipierte Veranstaltungen vergegenwärtigen Musik aus dem Jahr 1923 und beleuchten in unterschiedlichen Formaten ihre Einbettung im kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben der damaligen Zeit. Das Spektrum reicht dabei von einem Konzertabend mit Tamara Stefanovich und den Bochumer Symphonikern über interdisziplinäre Veranstaltungen im Museum Folkwang und im Ruhr Museum mit Yaara Tal bzw. Frank Chastenier und Experten wie dem Musikwissenschaftler und Leiter unsere Education-Abteilung Tobias Bleek oder dem Autor Harald Jähner bis zu einer Vorführung von Charlie Chaplins The Kid in der 1928 eröffneten Essener Lichtburg mit Helge Schneider am Klavier. Dabei geht es auch darum, Bezüge zu unserer heutigen Welt sichtbar zu machen.
Bei Bärenreiter/Metzler erscheint im Frühjahr 2023 das von Tobias Bleek verfasste Buch „Im Taumel der Zwanziger. Musik in einem Jahr der Extreme“, in dem unser Themenschwerpunkt intensiv behandelt wird.
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