Grandbrothers

Grandbrothers

Es gibt ein berühmtes Zitat von John Cage, das Erol Sarp, eine Hälfte der Düsseldorfer Grandbrothers, schon immer ansprach: “Ich kann nicht verstehen, warum die Leute Angst vor neuen Ideen haben. Ich habe Angst vor den alten.”

Ein Satz, der bestens zu Sarps Arbeit mit seinem musikalischen Partner Lukas Vogel passt. Das Duo hat immer wieder versucht, neue Wege zu finden, ästhetisch und praktisch. Grandbrothers sind die Summe ihrer einzigartigen Teile: Der Schweizer Ingenieur/Mechaniker/Softwaredesigner Vogel und der deutsch-türkische Pianist Sarp. Auf ihrem zweiten Album “Open” vereinen sich Sarps Klavierkünste mit Vogels Talent, sowohl die unglaublich komplizierte Mechanik zu bauen, mit der er das Instrument seines Partners modifizert, als auch dessen Software zu entwerfen. Sarp arbeitet an seiner Elfenbeintastatur, während Vogel hinter seinen Computertasten die Töne seines Partners live sampelt und weitere Effekte mit Hilfe von selbst gebauten Geräten auslöst, die die Saiten und den Korpus des Klaviers physisch manipulieren. “Es gibt Hämmer, die ich kontrolliere”, erklärt er, “die auf verschiedene Teile schlagen, um Beats und perkussive Muster zu erzeugen. Am Anfang habe ich einfach eine offene Platine benutzt, die ich ohne ein richtiges Gehäuse gebaut hatte. Sie war sehr zerbrechlich und funktionierte oft nicht. Wir hatten immer einen Lötkolben dabei, wenn wir live spielten.”

Ihr ehrgeiziges zweites Album “Open” erkundet Dimensionen, die auf ihrem Debüt “Dilation” nur angedeutet wurden. Die größte Offenbarung für jeden, der sie zum ersten Mal hört, bleibt die Konstante in allem, was sie aufgenommen haben: Jeder einzelne Klang, den die Grandbrothers erzeugen, stammt von einem einzigen Instrument, einem Klavier. Kein Wunder, dass ihre Musik einmal als “Operation am offenen Herzen auf einem Flügel” beschrieben wurde.

“Open” stellt für das Duo einen bedeutenden Sprung nach vorne dar, sowohl musikalisch als auch technisch. “Die Songs haben sich sehr weiterentwickelt”, meint Sarp. Das liegt zum Teil an Vogels ständiger Feinabstimmung und rastloser Neuerfindung der Systeme, die er baut. “Das mechanische Hauptelement ist dasselbe geblieben”, erklärt er, “aber ich verwende jetzt stärkere Effekte wie Verzerrung und Bit-Crushing, so dass alles dichter geworden ist. Die interessanteste Änderung ist, dass wir Elemente gebaut haben, die wir Bögen nennen und die die Saiten mit einem elektromagnetischen Feld in Schwingung versetzen, ohne sie zu berühren. Das ist das gleiche Prinzip wie bei einem E-Bow, aber er muss viel leistungsfähiger sein, weil die Klaviersaiten viel dicker und steifer sind.” Für Sarp gehören solche Innovationen mittlerweile zum Alltag: “Lukas kommt immer mit neuen Sachen, die er entwickelt hat”, lächelt er. “Sobald unser Setup stabil ist, scheint es ihm langweilig zu werden und er braucht eine neue Herausforderung, um die Dinge spannend zu halten…!”

Die Behauptung, die Grandbrothers seien Teil der aufkeimenden, so genannten “neoklassischen” Bewegung, mag zwar nachvollziehbar erscheinen, ist aber nach Ansicht des Duos nicht ganz zutreffend. Sarp betont: “Nur weil wir das gleiche Instrument benutzen, heißt das nicht, dass es die gleiche Musik ist. Wir denken immer daran, welche physische Wirkung die Songs auf das Publikum haben können, zum Beispiel, ob es dazu tanzen kann. Wir machen ja nicht nur Musik zum Zuhören. Am besten wäre es, wenn wir abends in einer Philharmonie spielen und später in einem Club.”

“Was das Ganze ausmacht”, so Vogel abschließend, “ist, dass wir so unterschiedliche Persönlichkeiten sind, mit unterschiedlichen Fähigkeiten, die so gut zusammenpassen.” Sarp stimmt dem zu: “Unsere Musik entsteht aus einer Mischung aus wirklich intensiver Analyse und einfachem Tun. Ich kann ihn beruhigen, und er kann mich anspornen. Er ist nicht nur ein Kollege, sondern einer meiner engsten Freunde.” Diese Synergie – geboren aus einem angeborenen Verständnis und einer Intuition, sowohl persönlich als auch musikalisch – ist in der gesamten technisch innovativen, aufregenden und unverwechselbaren Arbeit der Grandbrothers zu hören: zwei geniale Köpfe, die perfekt aufeinander abgestimmt sind und unermüdlich neue Ideen erforschen. Es gibt nichts, wovor man sich fürchten müsste. Keep your mind open!

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Samstag, 15. Juni 2024 | 20:00 Uhr
Gelsenkirchen  Heilig-Kreuz-Kirche

€ 45 | 35 (ermäßigt)

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