
Folk Songs I
Die kulturelle Vielfalt der Ruhrmetropole hat uns zu zwei Projekten zum Thema Folk Songs inspiriert. In einem Grundschulprojekt sammelten Kinder Lieder unterschiedlicher kultureller Herkunft und erfanden dazu ihre eigenen Begleitungen.
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„Ich komme immer wieder auf die Volksmusik zurück und versuche, Verbindungen zwischen ihr und meinen eigenen Ideen und Vorstellungen über Musik zu schaffen“, bekannte der italienische Komponist Luciano Berio (1925–2003) einmal in einem Interview: „Meine Verbindung zur Volksmusik sind dabei häufig emotionaler Art. Wenn ich mit dieser Musik arbeite, erfasst mich immer die Freude des Entdeckers.“
Auch Luciano Berio interessierte sich für die forschende Auseinandersetzung mit der Volksmusik. Zugleich betonte er jedoch immer wieder, dass er sich dem Material nicht vom Standpunkt eines um Objektivität bemühten Wissenschaftlers nähere, sondern als schaffender Künstler, der von seinen eigenen Interessen und Vorlieben geleitetet wird: „Es ist nicht mein Ziel, die Authentizität eines Volkslieds zu bewahren. Meine Bearbeitungen sind Analysen von Volksliedern, gleichzeitig übermitteln sie den besonderen Charakter dieser Musik, so wie ich sie empfinde.“
Berios Zyklus Folk Songs dokumentiert diesen schöpferischen Umgang mit volksmusikalischen Quellen auf eindrucksvolle Weise. In dem in den 1960er Jahren entstandene Werk stellte er neun Volksweisen aus unterschiedlichen Zeiten und Kulturkreisen sowie zwei selbsterfundene Melodien im Volksliedstil zusammen und versah sie mit eigenen instrumentalen Begleitungen.
Die Folk Songs lassen sich in einem erweiterten Sinne als Volkslied-Arrangements verstehen. So basieren die elf Lieder, mit Ausnahme von La donna ideale und Ballo, auf Volkslieder aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Einige von ihnen entnahm der Komponist aus gedruckten Volksliedsammlungen, andere hingegen wurden ihm vorgesungen oder er lernte sie auf Aufnahmen kennen und transkribierte sie nach dem Gehör. Berio hat nicht nur die Liedtexte in ihrer Originalsprache belassen, sondern in den meisten Fällen auch die Liedmelodien ohne große Änderungen übernommen. Die folgende Auflistung gibt eine Übersicht über die Herkunft der verschiedenen Lieder und ihre Quellen:
Die Folk Songs setzen sich aus zwei verschiedenen Schichten zusammen: Den Volksliedmelodien und -texten in der Gesangsstimme und einer von Berio hinzu komponierten instrumentalen Begleitung. Diese Begleitschicht verändert sich nicht nur von Lied zu Lied, sondern unterscheidet sich in ihrer Tonsprache und Klanglichkeit erheblich von den Volksmelodien. In dieser Differenz zwischen dem vorgefundenen Material und der es gleichsam umhüllenden neuen Begleitschicht liegt der besondere ästhetische Reiz von Berios „Volksliedbearbeitungen“.
Wie viele seiner anderen Vokalwerke schrieb Lucian Berio die Folk Songs für die amerikanische Sängerin Cathy Berberian (1925-1983), mit der er von 1950 bis 1966 verheiratet war. Berio war nicht nur von dem großen Umfang und der ungeheuren Modulations- und Wandlungsfähigkeit von Berberians Stimme fasziniert, sondern auch von ihrer atemberaubenden Fähigkeit, die unterschiedlichsten vokalen Rollen anzunehmen und in kürzester Zeit zwischen ihnen hin und her zu springen. Die besonderen Anforderungen des Vokalparts der Folk Songs beschreibt Berio in einem Interview, das nach dem Tod von Cathy Berberian entstand, wie folgt:
„Es handelt sich um elf vokale Stücke, die für den Hörer dann interessant werden, wenn die Stimme wirklich sehr modulationsfähig ist. Cathy hatte bei der Aufführung der Folk Songs elf verschiedene Stimmen. Wenn ich das Werk heute aufführe, benutzte ich zwei oder drei Sängerinnen, die sich die Stücke aufteilen. Ich habe bis jetzt noch keine andere Sängerin gefunden, die in der Lage wäre, alles zu machen.“ (zit. nach Nicola Scaldaferri, „Folk Songs de Luciano Berio: éléments de recherche sur la genèse de l’oeuvre“ in: Analyse Musicale 2001, H. 3, S. 42-54, S. 51; dt. Übersetzung: Tobias Bleek)
Die kulturelle Vielfalt der Ruhrmetropole hat uns zu zwei Projekten zum Thema Folk Songs inspiriert. In einem Grundschulprojekt sammelten Kinder Lieder unterschiedlicher kultureller Herkunft und erfanden dazu ihre eigenen Begleitungen.
In unserem zweiten Folk Song-Projekt begaben sich Oberstufenschüler*innen und Studierende 2009 auf die Spuren Béla Bartóks und Luciano Berios. Sie besuchten Menschen aus der Ruhrmetropole und nahmen ihre Lieder zum Ausgangspunkt eigener Kompositionen.
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