Grigory Sokolov ist eine der zurückhaltendsten Persönlichkeiten in der Klassikszene: Weder lässt er sich von Plattenfirmen oder Musikmagazinen werbewirksam und mit aufwendiger Optik in Szene setzen, noch erklärt er in eloquenten Interviews seine Sichtweisen und Erkenntnisse. Seine wenigen Live-CD-Einspielungen haben Seltenheitswert, denn die „kosmetische Sterilität“ einer Studioaufnahme beäugt er sehr kritisch. Unprätentiös betritt er die Bühne, verbeugt sich bescheiden, setzt sich an den Flügel – was dann passiert, ist eine musikalische Offenbarung: Er schlägt das Publikum durch seine detailreiche Gestaltung und die unendliche Tiefe seines Spiels in seinen Bann. Nicht Äußerlichkeiten, sondern die Musik selbst steht stets im Mittelpunkt. Dass der Pianist, der sich vor einigen Jahren entschloss, nur noch Solo-Abende zu spielen, seine klug wie einfühlsam zusammengestellten Programme erst kurz vor dem Konzert bekannt gibt, stört dabei wenig, schließlich ist jeder seiner Auftritte ein „Geschenk“, wie die Frankfurter Neue Presse einmal schrieb – sicher auch sein nunmehr bereits 25. Konzert beim Klavier-Festival Ruhr.